„Weltweiter Tag der genitalen Selbstbestimmung“ - Berliner Zeitung vom 7.05.2021

Dazu kommentiert der Gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Detlev Spangenberg:

 

„Anlässlich des wichtigen und vielgeachteten Urteils des Kölner Landgerichts, vom 7.Mai 2012, entwickelte sich der 7. Mai zum „Weltweiten Tag der genitalen Selbstbestimmung“. International wurde er als "Worldwide Day of Genital Autonomy" (WWDOGA) zu einem Symbol für Selbstbestimmungsrechte von Kindern und Achtung deren Menschenrechte.

 

Im „Kölner Urteil“ stellte das Kölner Gericht 2012 fest, dass die Genitalbeschneidung eines Jungen als strafbare Körperverletzung gewertet werden muss, wenn sie nicht medizinisch notwendig ist. Es stellte damit einen Meilenstein dar, was die Aufwertung von Grundrechten von Säuglingen und kleinen Jungen betrifft.

Allerdings hatte die damalige Bundesregierung nichts Eiligeres zu tun, als dem entgegenzuwirken und noch im selben Jahr einen Entwurf für ein Gesetz auf den Weg zu bringen, was die Genitalverstümmelung von Jungen ausdrücklich erlaubt, den § 1631d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der Gesetzentwurf enthält zur Begründung einseitige Darstellungen und fragwürdige Auslegungen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurden weder kritische Stimmen berücksichtigt, noch Sachverständige gehört, die Begründungen gegen die Jungenbeschneidung hätten hervorbringen können. Dieser Paragraph trat noch im selben Jahr in Kraft.

 

Ärzte, Menschenrechtsvereinigungen, Juristen sowie Betroffene haben sich, seit dem Urteil des Landgerichts Köln von 2012, besonders seit der Einführung des § 1631d BGB, gegen die Einwilligungsmöglichkeit der Eltern in die medizinisch nicht erforderliche Beschneidung von Jungen ausgesprochen.

Die grundsätzlich zu begrüßende Einführung des § 226a Strafgesetzbuch (StGB), im darauf folgenden Jahr, verschärfte diese Diskriminierung männlicher Kinder indirekt weiter, indem lediglich die Unversehrtheit äußerer weiblicher Genitalien unter verschärften strafrechtlichen Schutz gestellt wurde.

 

Mit § 1631d BGB wird den Sorgeberechtigten, in der Regel den Eltern, eine ausdrückliche Möglichkeit zur Einwilligung in die Genitalverstümmelung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes erteilt. Weder beim weiblichen Kind noch beim männlichen Kind darf jedoch eine solche Möglichkeit für die Eltern bestehen.

Im Ergebnis ist die Misshandlung im Genitalbereich bei Mädchen zurecht durch das StGB verboten, bei Jungen unverständlicherweise wiederum im BGB ausdrücklich erlaubt. Damit ist diese Gesetzgebung mit dem Grundgesetz zumindest in zweierlei Hinsicht nicht vereinbar.  Zum einen handelt es sich um eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts wie auch die Beeinträchtigung der durch Art. 2 Abs. 2 geschützten körperlichen Unversehrtheit des männlichen Kindes.  Die anatomische Andersartigkeit des männlichen Genitals gegenüber dem weiblichen kann nicht als Begründung dazu dienen, dass männlichen Minderjährigen ein grundrechtlicher Schutz  der körperlichen Unversehrtheit  durch die Gesetzgebung versagt wird.

 

Des Weiteren sind erhebliche Widersprüche zur UN-Kinderrechtskonvention zu sehen, welche die Bundesrepublik unterzeichnete.

Eine Lösung kann nur dahin gehen, dass der Jungenbeschneidungsparagraph 1631d BGB ersatzlos gestrichen wird und der Paragraph 226a StGB so ausgestaltet wird, dass damit alle Kinder, unabhängig vom Geschlecht, gesetzlich geschützt werden.

 

Detlev Spangenberg, MdB

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